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ISBN 978-3-940640-53-6

Krokodile, Schildkröten und Fahrenheit 100


von Thomas Neumann
DIN A 6, ca. 203 Seiten.
Preis: 9.90 Euro
*inkl. Mwst. zzgl. Versandkosten
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Leseprobe aus "Krokodile, Schildkröten und Fahrenheit 100":

Kurz nach dem Start hatte die vielleicht ansonsten freundliche und tolerante Dame im Sitz vor Sofia ihre Rückenlehne nach hinten geneigt. Keine Einschränkung für die hinteren Sitze, nur in dem Moment, wenn das Mädchen ihr Gepäck bewegen wollte, stieß sie auf dieselben Schwierigkeiten wie Alexander. Sie bekam den Rucksack nicht weit genug angehoben, um daraus etwas zu entnehmen. Bei etwas mehr Kraftanstrengung, gelang das ein Stück weiter, aber dafür bewegte sich der Vordersitz. Das wiederum brachte die doch nicht so entspannte Platzhalterin darauf jedes Mal zu einer ruckartigen Bewegung mit dem Oberkörper nach links. Ihr Kopf flog dabei einige Zentimeter weiter als die Schulter und bremste doch wieder ab, bevor sie sich vollständig umgedreht hatte. Die Routine setzte sich in einem kurzen Kopfschütteln fort und endete damit auch. Das Spannende daran war, das die Reisende auf dem Sitz eine Reihe weiter vorne der deutschen Sprache nicht mächtig war und auch englisch nicht benutzte. Alexander hätte zu gerne gewusst, wie seine Tochter auf einen Protest in Spanisch oder Portugiesisch reagierte.
Sie sagte nichts, was vielleicht der entscheidende Fehler war. Sofia jedenfalls wurde von Mal zu Mal wütender über die Enge, sagte zunächst auch nichts, zog dann aber mit Kraft den Rucksack heraus. Das Ritual vor ihr lief erneut ab und verpuffte. So ging das einige Zeit, bis die Wechsel der Spielzeuge seltener wurden.
Für eine weitere potentielle Schwierigkeit sorgte das Bordpersonal. Nein, die Sicherheitsunterweisungen regten weder die Kinder der Familie Reiser noch sonst irgendwen an Bord auf und wurden ordnungsgemäß absolviert. Vielmehr erhielt jedes Kind eine Kappe der Fluggesellschaft nebst einer, verhältnismäßig kleinen, Spielesammlung für die Reise. Bei der angespannten Platzsituation und der geringen Chance, dass die Grundordnung in den Rucksäcken dauerhaft beibehalten werden konnte, eine Herausforderung für das Handgepäck der Kinder.
Alexander hätte die Flugreise ansonsten recht entspannt gefunden, wenn da nicht noch die Einreiseformalitäten hätten fortgesetzt werden müssen.
Ein halbes Dutzend Dinge hatte Alexander im Vorfeld erledigen können. Die elektronische Einreisekontrolle der Vereinigten Staaten war mit allen Familienmitgliedern letztlich einverstanden gewesen. Bei der Fluggesellschaft war es ebenfalls erforderlich, sicherheitsrelevante Daten für den Flug zu hinterlegen. Auch für Mietwagenbuchung, Hotelreservierung und die Buchung der Flüge waren Namen und Passnummern erforderlich gewesen. Meistens für alle Familienmitglieder.
Bitte nicht einmal vertippen, sonst ging das Spiel von vorne los. Das erschien Alexander jetzt, wo er im Flugzeug saß, harmlos. Soeben hatte er das Zollformular erhalten, das für die Einreise dringend und obligatorisch erforderlich war.
Was er nicht so deutlich verstanden hatte, war die Ansage zuvor, die einige Anforderungen nannte, die beim Vervollständigen des Dokumentes erforderlich war.
Mutig machte er sich ans Werk. Im Grunde war es ganz einfach. Wundersamer Weise gab es das Papier vollständig in deutscher Sprache und das, obwohl es ein offizielles Dokument der US-Regierung war. Oder zumindest von einer Behörde der Vereinigten Staaten.
Seinen Namen und ähnliche Dinge wusste Alexander auswendig, seine Familiengröße auch und alle anderen Fragen konnte er verneinen. Obwohl, da fiel ihm der große rote Koffer ein, in dem, gut verpackt in einigen Wäschesäcken und umgeben von diversen Packungen Taschentüchern drei Gläser Nutella verborgen waren. Alexander war sich ziemlich sicher, dass die Einfuhr erlaubt war und das auch die Kühltasche, die die Familienfrühstücksvorräte verbarg, nicht bersten würde. Sicher war das also. Sicher war auch das Frühstück im Urlaub, und zwar vom ersten Tag an. Unabhängig davon, ob irgendein Supermarkt den fast einzigen und liebsten Frühstücksbrotaufstrich im Regal haben würde oder nicht und auch gleichgültig zu welchem Preis der unverzichtbare Schatz angeboten wurde, das Frühstück war gesichert. Doch was war in dem kleinen länglichen Formular, dass vor Alexander auf dem kleinen Klapptisch lag auf die Frage zu antworten, ob er Lebensmittel einführte?
Sein erster Gedanke war eine deutliche Verneinung, aber das war ja nicht ganz korrekt. Allerdings wurde ansonsten nur nach verbotenen Lebensmitteln gefragt. Mulmig war es ihm trotzdem.
Wenn er sich entschloss, auf „Ja“ zu votieren, war er gezwungen, den Preis seiner eingeführten Produkte zu beziffern. Den Dollarpreis, wohlgemerkt.
Doch den kannte Alexander nicht, es war lediglich eine Vermutung, dass dieser deutlich über dem heimatlichem, ihm in Euro bekannten, läge. Was wog schwerer, eine falsche Antwort und damit das Verschweigen der Einfuhr von Nutella oder eine falsche Preisangabe und damit ein Verstoß gegen die Zollbestimmungen?
Bevor Alexander diesen Konflikt abschließend lösen konnte, fiel ihm auf, dass er diverse Zahlen auf dem Formular nicht entsprechend der amerikanischen Gepflogenheiten geschrieben hatte.
Er ließ sich ein neues Papier geben und begann von vorne. Jede „Eins“ nur als senkrechter Strich, jede „Sieben“ ohne den in seinem täglichen Gebrauch zur Gewohnheit gewordenen Querstrich.
Wieder war alles geschafft bis auf die Nutellaentscheidung. Er konnte einfach die Gläser mit dem Brotaufstrich im Koffer vergessen und damit kaum gegen irgendwelche Regeln verstoßen, denn die Mitnahme von Nutella war ja schließlich kein Verbrechen. Seines Wissens und nach der Recherche, die Alexander durchgeführt hatte, war der Transport auch über die Grenzen der USA, also ins Land hinein gestattet. Andererseits konnte auch eine fehlerhafte Preisangabe kein Fehler sein, der Sanktionen nach sich zog, denn die Einfuhr von Waren im Werte von weniger als einhundert Dollar war ja erlaubt.
Das bedeutete, es würde kein Einfuhrzoll zu entrichten sein.
Alexander beschloss, sich Hilfe zu holen.
Die Stewardess, die freundlicherweise solch kniffelige Papierstücke verteilte, würde auch seine Frage beantworten können. Als sie ihn erreichte, war die Uniformierte einen kurzen Blick auf das, was Alexander bisher geschrieben hatte.
Und sie kannte sich aus. „Empfehlenswerter Weise sollten Sie das Formular noch einmal ausfüllen. Die Behörden in den Vereinigten Staaten bestehen auf der Verwendung von Großbuchstaben. Bitte Druckschrift verwenden.“ Sie hielt dem Familienbeauftragten in Sachen Behördengänge mit Spezialisierung auf Urlaubsangelegenheiten ein neues Formular hin. Alexander ergriff selbiges und dann war die freundliche Auskunftei auch schon verschwunden. Mindestens fünf Reihen in Richtung Cockpit und damit erst einmal wieder unerreichbar. Das Ausfüllen der aufeinanderfolgenden Zeilen und Felder war inzwischen ein geübter Ablauf und ging schnell. Die spannendste Frage der letzten Jahrzehnte, jedenfalls für Alexander war wieder offen geblieben.
Er begann, die Frage noch einmal zu lesen. Jetzt war es ganz einfach. Binnen Sekunden und ganz ohne Zweifel setzte er sein Kreuz in das offenen Feld für die verneinende Antwort und steckte das Formular in das spezielle Fach seines Handgepäcks zu den anderen wichtigen Unterlagen, die im Laufe der Reise noch benötigt werden würden. Wenn ihm doch nur gleich zu Beginn ein Formular in der Originalsprache ausgehändigt worden wäre. Dann wäre es gleich kinderleicht gewesen. Er hätte die Frage schlicht nicht verstanden, so wie es eben auch geschehen war.



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