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Wer Ahnung hat wird gefeuertvon Julie Fischer DIN A 5, ca. 669 Seiten. Preis: 16.90 Euro *inkl. Mwst. zzgl. Versandkosten Ab einem Warenwert von EURO 50,00 versenden wir innerhalb Deutschlands und EU versandkostenfrei! Widerrufsbelehrung Durchschnittliche Bewertung: 0 |
Buchbeschreibung
Das Notariat Dr. Siman/Dr. Gepunkt in München ist ein ganz besonderes, da ist sich die Angestellte Ursula Bero, genannt Uschi, sicher. Ihr erster Chef, Herr Dr. Peter Siman, stellt grundsätzlich nur hübsche, schlanke Mitarbeiterinnen ein, mit denen er sich vorstellen kann, auf einer einsamen Insel zu leben. Während sich Herr Dr. Siman dies jedoch nur vorstellt, versucht sein Sozius und zweiter Chef im Notariat, Herr Dr. Karsten Gepunkt, durchaus immer wieder dies in die Tat umzusetzen. Sein zunehmend schlechter Gesundheitszustand und die allzu plumpen Annäherungen lassen ihn allerdings scheitern. Die elf Kolleginnen von Uschi, sowie Uschi selbst, würden den Versuchen gerne durch permanente Arbeitsüberlastung entgehen, doch gerade die Arbeit ist rar.
Schließlich wirft die interne Versetzung von Uschi nicht nur den Sitzplan
durcheinander. Zusammen mit ihren zwei neuen Kolleginnen gründet sie aus
Protest und vor allem gegen die im Büro herrschende Langeweile den Zusammenschluss
"Die Gruppe". Diese treibt nicht nur die Chefs, sondern auch die restliche
Belegschaft mit Streichen und deren Veröffentlichung im Internet in den
Wahnsinn. Es kommt, was kommen muss: Die Abmahnung. Sie beschließt sodann,
dem Wahnsinn ein Ende zu machen und eine neue Stelle zu suchen. Doch zuvor will
Uschi noch abrechnen - auf ihre eigene Art und Weise. So beginnt sie ein Buch
über das Erlebte zu schreiben.
Büro ist Krieg
Das neue Jahr war bereits in der zweiten Woche und entgegen allen Hoffnungen
von Uschi hatte sich nicht das Geringste geändert. Die Arbeit war genauso
unerträglich wie schon im letzten Jahr.
Wieder einmal waren Bankerklärungen, doch diesmal war Herr Dr. Gepunkt
der beauftragte Notar. Dies machte die Sache normalerweise einfacher, da Herr
Dr. Gepunkt nicht so akribisch wie Herr Dr. Siman war. Da aber alles seine Schattenseiten
hat, galt dies auch für die Schludrigkeit von Herrn Dr. Gepunkt.
Wie schon beim letzten Mal verteilte Jacqueline die Aufgaben auf vier weitere
Personen und nervte enorm mit "kluken" Anweisungen. Alles hätte
also glatt laufen müssen/sollen. Doch nach anderthalb Wochen teilte die
Bank mit, dass fünf Erklärungen fehlerhaft bei Ihnen eingegangen wären
und eine weitere beteiligte Bank rief an, um zu erklären, dass bei Ihnen
gar keine Erklärungen eingegangen wären, lediglich die Begleitbriefe.
Herr Dr. Gepunkt war verständlicherweise außer Rand und Band. Sofort
bestellte er alle Beteiligten, samt Frau Bau und Heike, welche die Post u.a.
einkuvertierten, zu sich ins Büro.
"Wer ist dafür verantwortlich?", knurrte er, als alle in seinem
Büro versammelt waren.
Olga, Uschi und Jaqueline sahen sich fragend an. Heike starrte ihn nur kampflustig
an und sagte gar nichts, während Frau Bau händeringend eine Entschuldigung
für alles suchte.
"Wer hat die Erklärungen falsch rausgeschickt?", bellte er die
fünf an.
"Wir machen die Erklärungen soweit fertig, lassen Sie sie dann unterschreiben
und wenn die Erklärungen hinten bei der Postablage liegen, schicke ich
oder Frau Bau sie raus.", gab Heike zur Antwort.
"Einfach so, oder wie?", bellte er erneut.
"Was heißt einfach so? Die Sachbearbeiter haben sie ja vorher bearbeitet
und ich hab wirklich nicht die Zeit, alles ganz genau durchzulesen!", baute
Heike sich auf.
"Nicht die Zeit! Da haben wir es doch! Das muss alles überprüft
werden! Ich mach mich doch lächerlich! Die lachen mich doch aus, wenn ich
das nächste Mal in die Bank komm!! Ah, der Gepunkt, der hat doch letztens
die Erklärungen falsch rausgeschickt! So denken die über mich! Die
lachen mich aus!!", schrie er fast und seine Augen rollten wie wild von
einer Seite auf die andere.
"Tut mir leid, aber ich bin ehrlich gesagt nicht dafür zuständig,
wenn von den Sachbearbeitern keiner in der Lage ist, seine Post ordentlich fertig
zu machen!", wehrte sich Heike und Frau Bau wurde immer kleiner.
"Also, ich schau schon, ob die Anlagen bei den Briefen dabei sind
",
warf sie kleinlaut ein und fing sich einen bösen Blick von Heike ein.
"Wer war das jetzt? Wer hat die Erklärungen unfertig rausgeschickt?",
bellte Herr Dr. Gepunkt wiederholt und erneut sah er nur ratlose Gesichter vor
sich.
"Das kann man doch jetzt nicht mehr nachvollziehen! Manchmal mach ich welche
von Olga und umgekehrt. Aber ich denke nicht, dass wir welche unfertig rausgeschickt
haben.", meldete sich nun Uschi zu Wort und Olga setzte gleich hinzu:
"Alle, die ich gemacht hab, hab ich alleine kopiert, genäht und auch
in die Postablage getan. Ich schau eh schon fünfmal, ob alles passt."
Herr Dr. Gepunkt grummelte bei diesen Worten nur und stellte erneut die Frage
aller Fragen: "Wer war das?"
Allmählich geriet diese Standpauke zu einem Witz. Uschi war kurz davor
die Augen zu verdrehen und einfach raus zu gehen. Olga ging es scheinbar ähnlich,
denn sie schnaufte laut auf.
"Ich werd' noch schwermütig
", raunte Herr Dr. Gepunkt
und sah alle mit einem betroffenen Blick an. Doch bei Olga und Uschi bewirkte
dieser Satz eine ganz andere Reaktion, als von ihrem Chef gewollt. Sie platzten
beide fast vor Lachen. Ein kurzer Blick aus dem Augenwinkel und es war um die
beiden beinahe geschehen. Aber sie holten tief, tief Luft und konnten so das
Gelächter gerade noch unterdrücken.
"Ihr überlegt euch jetzt eine Lösung dafür, ge! Jeder einzelne!
Klar! Und dann kommt ihr wieder zu mir rein!"
Sein Kopf wurde ganz rot und die Augen hinter den Brillengläsern blitzten
vor Wut, als er alle wieder nach draußen schickte.
"Ich werd' noch schwermütig!", flüsterte Uschi Olga zu,
als sie die Wendeltreppe nach oben stiegen, woraufhin beide wieherten.
"Wenn er noch länger so geschaut hätte, hätte es mich wirklich
zerissen!!", lachte Olga und Uschi fügte hinzu:
"Wie er gedacht hat, dass er uns damit eine schlechtes Gewissen einreden
kann. Uh, ich werde noch ganz schwermütig mit euch - blabla!"
Es dauerte keine Stunde, da gab es die nächste Geschichte von Herrn Dr.
Gepunkt zu erzählen. Diesmal traf es Betty.
"Der spinnt doch der Alte!" empörte sich diese, als sie verärgert
am Schreitisch von Uschi stand. Fast zeitgleich drehten sich Uschi und Olga
von ihren Bildschirmen weg.
"Warum?", fragte Uschi, während Olga nur: "Wiss ma schon!",
sagte.
"Nein, im Ernst! Der spinnt!", wiederholte Betty und erklärte
dann: "Ich war doch gerade bei ihm unten. Da drückt er mir Bankerklärungen
in die Hand und meint: Bringst des rauf! Klar!". Ich hatte keine
Ahnung, wohin, drum hab ich gefragt, ob ich des in die Post tun soll. Wisst
ihr, was er dann gesagt hat? DU warst des!! Des passt doch genau ins Schema!!
DU hast die Erklärungen unfertig in die Post geschmissen! Klar!' Gepunkt,
Gepunkt, klar! Also wirklich!"
Olga und Uschi fingen zu Lachen an. Doch Betty war noch nicht ganz fertig.
"So, das hätten wir geklärt. Aber nun hab ich was wirklich Wichtiges
zu sagen: Dieses Wochenende wird endlich auch bei uns oben der neue Teppich
verlegt wird. Deshalb dürfen wir diese Woche noch alles ausräumen."
"Herrlich.", schnaufte Uschi und Olga nickte nur.
Eigentlich hatte sich Uschi auf den Tag gefreut, an dem sie offiziell nichts
tun würden außer Schränke ausräumen. Doch nun, als der
Zeitpunkt da war, erkannte sie, dass arbeiten weitaus angenehmer war, als Akten
und Büromaterialien zu schleppen.
Donnerstag Nachmittag begannen die drei schließlich doch mit den Ausräumarbeiten.
Herr Steigler half ihnen dabei und so standen Freitag Mittag nur noch die Schreibtische
samt Computer im vorderen Teil des zweiten Stockwerks. Der hintere Teil, sprich
der Ausfertigungsbereich war hingegen nicht mehr begehbar. Sämtliche kleinen
und großen Büromaterialien hatte man dort untergebracht. Sogar die
abgebauten Aktenschränke waren dort in all ihren Einzelteilen untergebracht.
Für den Abbau mussten extra zwei Handwerker der Herstellerfirma bestellt
werden. Lediglich um die Schreibtische und Computer würde sich der Hausmeister
kümmern.
Herr Dr. Siman beaufsichtigte die Handwerker bei der Arbeit und ließ sich
genau erklären, was sie warum taten.
"Olga! Haben Sie das gehört?", wandte er sich nach einer ganzen
Weile an diese.
"Nein.", gab sie verwirrt zurück.
"Also, noch mal!", wandte er sich wieder an den Handwerker und ließ
sich das Prozedere ein zweites Mal erklären.
"So, Olga, diesmal haben Sie hoffentlich zu gehört! Das ist doch in
Ordnung, wenn die Herren am Montag gleich in der Früh wieder zum Aufbauen
kommen, oder, Olga?"
"Ja, sicher.", antwortete Olga großzügig und grinste in
Richtung Uschi.
"Dann wäre das geklärt."
Als Uschi am Montag morgen um kurz vor acht, und wie immer nach Olga, ins Büro
kam, waren die Handwerker bereits bei der Arbeit. Kurz darauf kam auch Betty.
"Guten Morgen!", begrüßte Betty ihre beiden Kolleginnen
und ging dann an ihren Platz. Sie wurde dabei von ihren beiden Kolleginnen auffällig
beobachtet.
"Och, nee! Ihr habt wieder irgendwas ausgeheckt, oder?", stöhnte
Betty und ließ ihre Tasche unter den Tisch fallen.
"Gar nicht! Nee, wirklich! Diesmal nicht! Unsere PC's gehen nicht und jetzt
wollten wir schauen, ob der deine geht.", erklärte Uschi, doch Betty
blieb misstrauisch. Sie schaltete ihren Computer ein und wartete. Nichts passierte.
"Nee, meiner geht auch nicht. Tja, dann kann ich ja wieder heimgehen.",
grinste sie und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
Das Erscheinen von Herrn Dr. Siman machte diesen Plan jedoch wieder zunichte.
"Guten Morgen allerseits! Wie ich sehe, sind Sie bereits fleißig
am Aufbauen.", hüpfte er leichtfüßig die Treppen nach oben,
ohne sich am Geländer einzuhalten. Die Handwerker nickten und beachteten
ihn nicht weiter.
"Olga, Sie haben das alles im Griff, ja?", richtete er das Wort daher
an Olga.
"Natürlich, natürlich. Die machen das wunderbar!", lobte
sie die Handwerker und grinste.
"Oh. Wie ich sehe haben Sie den Schreibtisch umgestellt, Ursula.",
stellte Herr Dr. Siman fest, als er den Blick schweifen ließ.
Darauf hatte Uschi sich schon vorbereitet. Bisher hatte sie immer mit dem Rücken
zur Treppe am Schreibtisch gesessen und einen wunderschönen Ausblick auf
die Dächer von München gehabt. Der Nachteil an dieser Sitzordnung
war, dass sie nie wusste, wer gerade die Treppe heraufkam und sich ständig
den Kopf verrenken musste. Vor allen Dingen störte Uschi jedoch, dass jeder
sehen konnte, ob sie im Internet war oder nicht. Die offizielle Erklärung,
welche sie auch sofort Herrn Dr. Siman mitteilte, war folgende:
"Ich finde es einfach lästig, dass ich ständig den Kopf nach
hinten drehen muss, wenn Mandanten die Treppe hinaufkommen. Außerdem blendet
mich vor allem im Sommer die Sonne so stark, dass ich selbst mit Jalousien vor
dem Fenster schlecht am Bildschirm arbeiten kann. Im Normalfall hätte ich
alles so gelassen, aber da der Hausmeister sowieso die Schreibtische weg- und
wieder hinräumen musste, dachte ich mir, dann kann man das gleich mitmachen."
Herr Dr. Siman hörte sich alles an, nickte dann und erklärte sich
damit einverstanden.
"In Ordnung, Ursula. Solange Herr Dr. Gepunkt damit einverstanden ist,
können Sie das von mir aus so stehen lassen."
Uschi bedankte sich strahlend und konnte sich keinen schöneren Tag vorstellen.
Bevor Herr Dr. Siman sich zum Gehen wandte, beobachtete er noch eine Weile die
Handwerker.
"Das können Sie aber gut ... die Schrauben reindrehen.", lächelte
er ihnen zu und ging nach unten. Die zwei Handwerker sahen sich kopfschüttelnd
an und lachten.
Keine zehn Minuten später bekamen die drei Grazien erneut hohen Besuch
zu früher Stunde.
"Äh, äh
Der Schreibtisch, Uschi
Ge! Also
",
stotterte Herr Dr. Gepunkt und Uschis Laune sank auf den Nullpunkt. Doch sie
wusste, dass sie jetzt gute Miene zum bösen Spiel machen musste. Sonst
wäre der Schreibisch ganz schnell wieder an seiner alten Stelle. Bevor
er nun weiter ausholen konnte, ratterte sie ihr Sprüchlein mit einem charmanten
Lächeln runter und hoffte, dass er gute Laune hatte.
"Hm
Ja, dann
Da muss ich noch mal mim Dr. Siman sprechen
Ge!"
"Das habe ich bereits heute schon. Er hat nichts dagegen, wenn Sie nichts
dagegen haben.", wieder zeigte sie ihr charmantes Lächeln. Er brummte
etwas in sich hinein und nickte dann.
"Probeweise lass ma des mal so. Bringst mir an Kaffee, ge!"
"Bring ich sofort!", kam es zuckersüß von Uschi zurück
und Herr Dr. Gepunkt warf ihr einen misstrauischen Blick zu, bevor er nach unten
ging.
"Rutsch fei nicht aus auf deiner Schleimspur!", flüsterte ihr
Olga zu, als Uschi mit dem Kaffee nach unten ging.
Die 'Schleimspur' hielt genau einen Tag. Solange hatte es gedauert, bis Karen
Herrn Dr. Gepunkt davon überzeugt hatte, dass Uschi ihren Schreibtisch
nur deshalb umgestellt hatte, da sie so unauffälliger ins Internet konnte.
Zumindest war sich Uschi sicher, dass es nur so gewesen sein konnte.
Eine Woche später hatte Uschi den Vorfall schon wieder verdrängt
und ärgerte sich über andere Dinge. Gegen halb 9 rief sie an einem
Donnerstag den Terminkalender auf und stellte zu ihrem Ärger fest, dass
sie zwei Termine hatte. Der erste Termin verspätete sich um eine halbe
Stunde. Uschi hat in weiser Voraussicht bereits eine halbe Stunde zusätzlich
vereinbart, doch dies nütze nun auch nicht mehr viel.
Der Mandant war vor drei Wochen zur Unterschriftsbeglaubigung einiger österreichischen
Dokumente erschienen. Alles kein Problem, hieß es damals von seiten Herrn
Dr. Gepunkt. Nun war es aber doch ein Problem, der Mandant behauptete, es hätte
beurkundet werden müssen und seine Geschäfte verzögerten sich
daher.
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch müssen in Deutschland Verträge über
Grundstücke, das Vermögen und den Nachlass beurkundet werden. Damit
ist gewährleistet, dass Vermögen nicht am Stammtisch verteilt und
hinterher bereut wird. Der Notar hat hier als unparteiische Person eine Warn-
und Hinweispflicht. Bei sonstigen Erklärungen muss nur die Unterschrift
beglaubigt werden, sprich der Notar bestätigt, dass der Unterschreibende
auch tatsächlich der ist, der unterschrieben hat, übernimmt aber keinerlei
Verantwortung für den Text. Andere Länder sehen das nicht so eng,
so auch Österreich. Scheinbar bestätigen aber Ausnahmen die Regeln,
wie der folgende Fall beweist.
Uschi hatte vorgehabt, Herrn Dr. Gepunkt den Vorgang zuerst zu erläutern
und dann den Mandanten zu ihm zu schicken, doch es kam anders ...
"Herr Kließ wäre da. Er war vor kurzem bei uns und hat einige
österreichische Erklärungen beglaubigen lassen und ..."
"Schickst ihn zu mir rein, ge!" Damit verließ Herr Dr. Gepunkt
das Büro auch schon durch die Seitentür, welche auf den Flur zu Karen
und Margot führte.
Uschi starrte ihm verblüfft nach und setzt ein "Aber ich wollte ..."
nach, aber da war er bereits auf der Toilette verschwunden. Sie schnaufte empört,
schmiss die Unterlagen auf seinen Schreibtisch und drehte sich auf dem Absatz
herum, um den Mandanten hereinzubitten, welcher noch im oberen Stockwerk saß.
Sollte er sich doch alleine plagen!
"Grüß Gott, Herr Kies!", begrüßte der Notar
den eintretenden Mandanten laut.
"Kließ ist der Name! Guten Tag!"
"Bleibst du da!"
Uschi wollte gerade die Türe hinter sich schließen, als er ihr dies
noch hinterher rief. Langsam kam sie wieder zurück und setzte sich, nachdem
sie die Türe nun vond er anderen Seite geschlossen hatte, auf den Stuhl
vor dem View Screen. Skeptisch verfolgte sie die Unterhaltung zwischen den beiden.
Ahnend, dass ihr Chef mit der Situation überfordert sein würde.
"Also ... Abtretungserklärung ... das ist doch schon beglaubigt! Was
soll ich da tun?"
Er überflog schnell die Erklärung und sah dann den Mandanten fragend
an.
"Es soll ein Notariats ... ähm ... Notariatsakt gemacht werden, wurde
mir gesagt. So reicht es nicht aus."
"Aber in Österreich ist die Beglaubigung der Notariatsakt! Das hat
doch ein Notar gemacht, der weiß das doch, ge! Das ist der Akt!"
"Der Rechtsanwalt hat das vorbereitet ..."
"Die Erklärung hat ein Notar gemacht und in Österreich muss es
nur beglaubigt werden! Auch ein Kaufvertrag muss nur beglaubigt werden, bei
uns beurkundet. Klar!"
"Nun, ich kenne mich nicht aus, aber der Rechtsanwalt meinte, es muss ein
Mantel oder so drum herum. Also, erschienen vor mir und so weiter." Das
Wort "Rechtsanwalt" betonte Herr Kließ besonders.
"Welcher Notar hat diese Erklärung vorbereitet?"
"Herr Rechtsanwalt Setzin. Ich konnte ihn leider gerade nicht erreichen
... Er ist nicht da, sonst könnte ich ..."
"Der Notar in Österreich muss das aber vollziehen!"
"Das weiß ich, nur ..."
"Es geht doch hier um eine Sache in Österreich?"
"Ja, natürlich! Sehen Sie, hier in der Erkl..."
Herr Dr. Gepunkt fiel ihm unwirsch ins Wort.
"Das kann ICH nicht dem Gericht vorlegen, das muss der Notar in Österreich
erledigen. Verstehens?"
"Ja, das ist völlig klar. Der Eintrag im Firmenbuch muss in Österreich
passieren. Aber der Rechts ..."
"Da kann ich nichts für Sie tun. Setzen Sie sich mit dem Notar zusammen,
der die Erklärung vorbereitet hat. Wer war das denn?"
"Der Rechtsanwalt Setzin. Sehen Sie, hier ist der Name ... Mit ihm habe
ich gesprochen und er sagte, so ist es nicht gültig. Es muss ein Notariatsakt
gemacht werden ..."
"Mhm ... Waldemar Setzin ... Absolvent ... Also, DAS ist der Akt in Österreich!
Verstehens? Der Notar in Österreich muss es an ... äh ... muss es
dann ins ... äh ... Firmenbuch eintragen!"
Uschi wurde immer kleiner in ihrem Stuhl und verschränkte die Arme vor
der Brust. Sie wagte nicht, irgendwohin anders als auf den Schreibtisch zu sehen.
Sie wusste nicht, was schlimmer war, die zustimmungsheischenden Blicke ihres
Chefs oder die hilfesuchenden des Mandanten. Wenn er noch einmal fragen würde,
wer die Erklärung vorbereitet habe, würde sie sich die Ohren zuhalten
und laut singen, um die Peinlichkeit nicht länger hören zu müssen.
Gott sei Dank sah auch der Mandant ein, dass es so nicht weiterging.
"Nun ja, hier bei dem anderen Dokument ist auf jeden Fall ein Fehler passiert.
Ich hätte zweimal mit meinem Namen unterschreiben müssen, und nicht
einmal den Firmennamen und einmal meine Unterschrift."
"Aber das ist doch Unsinn! Sie haben doch unterschrieben! Da sehen's!"
Uschi spürte den Blick ihres Chefs auf sich, doch sie starrte unbeirrt
weiter auf den Tisch.
"Ja, dass habe ich auch gesagt, aber es wird nun mal so verlangt.",
bekräftigte Herr Kließ.
"Also, Sie haben da unterschrieben ... Sehen Sie's? Da! Damit ist es doch
eindeutig."
"Ich weiß, aber das verlangen die anders."
"Da steht Hans Eckehard Kließ... Wer ist denn der Eckehard? Muss
der auch unterschreiben?"
"Ich bin Hans Eckehard Kließ!"
"Ah ... dann ... dann ist Eckehard ihr anderer Name, also?"
"Ja, genau. Mein zweiter Vorname."
"Aber Sie unterschreiben nur mit Hans?"
"Das ist richtig."
"Aha, also sind Sie Hans Eckehard."
Herr Dr. Gepunkt nickte über die plötzliche Erkenntnis und erklärte
weiter:
"Dann haben Sie also schon unterschrieben! Das reicht doch!"
Uschi's Geist weigerte sich, dem Geschehen weiter zu folgen, so dass sie sich
eine Weile ihren Gedanken über eine baldige Kündigung hingab. Als
sie wieder auftauchte, waren die beiden schon wieder bei der Abtretungserklärung.
"Der Vertrag muss nicht beurkundet werden! Ich werde das nicht beurkunden!
Nein! Also, was soll ich tun?" ereiferte sich Herr Dr. Gepunkt gerade.
"Herr Setzin hat es mir aber aus dem Gesetz vorgelesen!"
"Ja, aus dem deutschen Gesetz. Aber das trifft hier nicht zu!"
"Nein, er hat es aus dem österreichischen Gesetz vorgelesen. Ich habe
doch mit ihm gesprochen!"
"Das stimmt aber nicht. Er hat Ihnen sicher aus dem Deutschen vorgelesen!"
"Nein! Er hat nachgelesen, wie es im deutschen ist, im Gegensatz zum ..."
"Also, ich vergebe keine Urkundenummer! Was soll ich jetzt tun?"
Da klingelte das Telefon.
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